Perfektomat und der Retrogott
Harmolodischer Hip Hop
Als immer wieder neu und anders aufgestellte Working Band ist Perfektomat das ideale Experimentierlabor für den Bassisten Joscha Oetz. Die Trio-Edition mit Laura Robles und Pianist Norman Peplow entfachte ein „Freudenfeuer an vorwärtsweisendem, mitreißendem Jazz“, war zu lesen, und auch die Quartett-Ausgabe mit Niels Klein, Simon Nabatov und diversen illustren Gästen begeisterte: „So konsequent wie dieses Quartett hat schon seit längerem keine Formation mehr den akustischen Jazz für sich mit einem eigenen, durchdachten Stil definiert”, schrieb
Werner Stiefele. So groovend, so entspannt und so komplex kann es weitergehen, und doch bleibt nichts wie es ist: Perfektomat trifft auf Retrogott, Jazz auf HipHop, Rhythmus auf Riddim, Beats und deutschen Sprechgesang. Wo soll das nur hinführen? Mit Sicherheit zu einer aufregenden Herausforderung und zu einer neuen Facette im schillernden Perfektomat-Kaleidoskop. „Keine Ahnung, ob meine Flows Sinn machen“, rappte Retrogott, aber auch: „Ich bin so überzeugend, ich bekehre den Olymp.“
Eintrittspreis: 15 €
Eloquenter Trendbekämpfer
Der Kölner Rapper Retrogott hat das Album "Kontemporärkontamination"veröffentlicht von: Sebastian Bähr | neues deutschland - nd |21.02.2019 |18:38 Uhr
Der Name verrät es schon: Der Rapper Retrogott ist kein Fan von Trends. Der Kölner MC, mit bürgerlichem Namen Kurt Tallert, verweigert sich mittlerweile seit mehr als zehn Jahren einem Chart-kompatiblem Hip-Hop. Statt zielgruppenoptimiertem und hochglanzpoliertem Poprap gibt es geschmeidigen Soul, Funk und Jazz, die sich am goldenen, weil kreativ verspielten Rap-Zeitalter der 1980er und 1990er Jahre orientiert. Statt reaktionärer Gangsterpose oder Wohlfühlnationalismus eine überlegte Genre- und Gesellschaftskritik. Eine Mischung aus wortgewandter, aber nie inhaltsleerer Philosophiererei vermischt sich mit Battlerap - beides kombiniert spuckt eloquente Verachtung in die Reihen der Anpasser und Umfaller, der Nachahmer und Witzfiguren. Zwei Jahre nach dem letzten Album hat Retrogott nun mit dem DJ Hulk Hodn seine neue Platte "Kontemporärkontamination" veröffentlicht. Den Titel könnte man mit "zeitgenössische Beschmutzung" übersetzen.
In 13 Tracks und einer halben Stunde arbeitet sich Tallert an der schlimmer werdenden Peinlichkeit von Szene und Gesellschaft ab. "Rap ist für mich mehr als ein Blog über Mode / Ein Lied über Kohle und ein Spruch über Mütter / Alle auf der Suche nach Geborgenheit und Wärme / Doch was interessieren mich depressive Millionäre". Lässiger Stil und traditionelle Beats treffen auf korrekt platzierte Worthiebe. Der Sound bleibt das Album über recht ähnlich, Retrogott erfindet das Rad wahrlich nicht neu, aber was er macht, macht er richtig. "Trends hinterherlaufen hat für den Retrogott keinen Sinn / Weil ich dafür viel zu offline bin", heißt es dann auch selbstbewusst. Hier betont einer die Bedeutung von Handwerk und ehrt alte Rap-Ikonen wie die Heidelberger Zwillingsbrüder Martin und Christian Stieber, bekannt unter dem Namen Stieber Twins.
Dem 33-jährigen Retrogott nimmt man diese Rolle auch ab. Er ist einer der Herrscher seiner kleinen Nische, liefert zuverlässig auf hohem Niveau. Umso erfreulicher ist es, dass sich der Musiker mittlerweile auch deutlicher gegen den Rechtsruck im real existierenden Hip-Hop positioniert. "Und nein, die rechte Scheiße ist kein neuer Gassenhauer / Sondern wird hier geduldet schon seit Adenauer" wird gereimt. Die Szene bekommt ein lakonisches: "Ihr macht nicht Rap auf Deutsch / Sondern Deutsch auf Rap / Modeerscheinungen halten die Moral auf Trab".
Tallert hatte in der Vergangenheit auch selbst teilweise diskriminierende Texte gerappt. Wie er vergangenes Jahr im Gespräch mit "nd" erklärte, durfte er wegen mancher seiner Stücke nicht in linken Zentren spielen. Anschließende Diskussionen wie auch ein Auslandsaufenthalt in Chile hätten ihn dann politisiert. Retrogott macht jetzt aber keinen klassischen "Zeckenrap", eindimensionales, moralgetränktes Agitieren wäre nicht sein Style. Er will jedoch - und das ist schon viel wert - keine Kunst mehr machen, die anderen gegenüber "zerstörerisch" wirkt. Der Heilsbringer des Funk hat das zum Glück auch nicht nötig. Gekonnt gegen die Verhältnisse austeilen kann er auch so ganz gut.
Photo by Florian Ross
Saxophone, Klarinetten, Komposition
Niels Klein gilt als einer der profiliertesten jungen Musiker der aktuellen deutschen Jazzszene. Er arbeitete als Saxophonist und Klarinettist bereits mit Jazzmusikern wie Peter Erskine, Vince Mendoza, Nils Wogram, u.v.a. und trat als Leader sowie als Sideman auf zahlreichen nationalen und internationalen Festivals auf, wie dem Jazzfestival Berlin, Jazzbatlica Salzau, Moers Festival, Kopenhagen Jazz Festival u.v.a. auf.
Besonderes Interesse erweckte er immer wieder mit seinen eigenen Projekten sowie als Komponist für Jazz-Orchester oder andere grössere Ensembles. 2008 war er Komponist und Dirigent des European Jazz Orchestra auf einer ausgedehnten Europatournee. Desweiteren arbeitete er als Gastkomponist und Dirigent in letzter Zeit mit der NDR-BigBand, dem BuJazzo, dem Lucerne Jazz Orchestra und dem Jugendjazzorchester Berlin sowie mit den BigBands der Musikhochschulen von Köln und Hannover.
Er komponierte Auftragswerke für das Bundesjugendorchester, das Metropole Orchestra Hilversum, das EOS Kammerorchester Köln sowie Kammermusik für verschiedene Ensembles. Seine Komposition "Refractions for Orchestra" wurde 2009 im Berliner Konzerthaus unter der Leitung von Dennis Russel Davies uraufgeführt und kurz darauf mit dem Europäischen Komponistenpreis der Stadt Berlin ausgezeichnet.
Er erhielt verschiedene Preise für Komposition und Improvisation wie den WDR-Jazzpreis 2011 für Jazzkomposition, den NRW Förderpreis 2004 oder den Förderpreis der Stadt Köln 2005.
Unter seinem Namen sind bisher 3 CDs erschienen: Niels Klein Trio (2004), Niels Klein Tentett (2007) und Niels Klein Quartett "Rise" (2012). Aktuelle Projekte sind das Quartett Tubes & Wires, in dem er elektrifizierte Klarinetten und analoge Synthesizer in komplexen Kompositionen zu einer science-fiction-artigen Klangmasse verarbeitet, sowie das kammermusikalische Grossensemble LOOM, welches das Klangideal des orchestralen Cool-Jazz in die Gegenwart transportiert. Als Sideman arbeitet er regelmässig mit Pablo Helds GLOW, Jonas Burgwinkel Source Direct, Frank Wingold Quartett u.v.a.
Niels Klein ist seit 2009 Professor für Jazz-Komposition und Theorie am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück. Gemeinsam mit Prof. Jiggs Whigham bildet er seit 2011 das neue feste Leitungsteam des Bundesjazzorchesters (BuJazzO). Er ist Gründungsmitglied des Kölner Jazzkollektivs KLAENG, welches seit einigen Jahren mit zahlreichen Aktionen und Festivals die Kölner Jazzszene anreichert.
Laura
Robles
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Cajon, Percussion
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Laura Robles (Cajón, Batás, Congas, E-Bass) wurde 1981 in Swaziland, Afrika, geboren und wuchs auf in Lima. Bereits mit vier Jahren eröffnete sich ihr durch den Unterricht bei Meister Amador "Chebo" Ballumbrosio der Zugang zur reichen afro-peruanischen Musiktradition bevor sie der durch seine Arbeit mit Susana Baca international bekannte Juan Medrano "Cotito" unter seine Fittiche nehmen sollte. Seit zehn Jahren gilt Laura in Peru nun selbst als eine der wichtigsten Spieler der Cajón, des zentralen Instruments der unter Einfluss von Westafrika-stämmigen Sklaven entstandenen Folklore. Mit 13 wurde sie an Susana Bacas "Instituto Negro Continuo" angenommen, studierte intensiv kubanische Folklore und Popularmusik sowie die komplexe Musik der Yoruba-Kultur. Das Angebot eines Stipendiums des Berklee College Boston lehnte sie ab, um sich ihrer eigenen Musik widmen zu können.
Sie gründete die erfolgreichen Bands "Astrocombo" und "Stretch it to The Limit", daneben die sozialpädagogische Initiative "Parió Paula", spielte mit Theater- und Tanz-Kompanien und einigen der renommiertesten Folklore-, Jazz- und Rock-Musikern Perus - in Peru und auf internationalen Festivals u.a. in Mittel- und Südamerika, USA und Spanien.
Auf der stetigen Suche nach Horizonterweiterungen zog sie 2012 nach Berlin, wo sie seitdem unter anderem zusammenarbeitete mit Johannes Lauer, Joscha Oetz, Almut Kühne, Ahmed Soura, Uli Kempendorff, Greg Cohen, Simon Nabatov, Niels Klein, Pablo Held Trio, Wanja Slavin, Christian Weidner, Bodek Janke, MORF, DUS-TI, Berlin Art Orchestra und Lauer Large. Im Sommer 2012 gründete sie die Berliner Version ihrer "Astrocombo", welche 2014 den Studio-Preis der Stadt Berlin gewann. Laura Robles ist zudem gefragte Pädagogin, sie gab unzählige Stunden Einzel-Unterricht und Workshops, u.a. an Kindergärten, Schulen und Hochschulen (Universidad Peruana de Ciencias, Hochschule für Musik Dresden, Hochschule für Musik und Tanz Köln).
"Sie schlägt den Beat in die ungeschminkte, die wilde Sinnlichkeit. Laura Robles schlägt mit der Kraft der Erde" (Wolfram Frommlet, SZ)
Jahrgang 1971, Geburtsort Köln. Studium an der Folkwanghochschule Essen bei Gunnar Plümer, an der Musikhochschule Köln bei Dieter Manderscheid und an der University of California, San Diego, bei Bertram Turetzky. Nach 4 Jahren in den USA folgte ein 7 jähriger Aufenthalt in Peru, wo er sein Ausdrucksvermögen bei der intensiver Auseinandersetzung mit der Afro-Peruanischen Kultur weiter bereicherte.
Nach seiner Rückkehr nach Köln 2011 arbeitet er im Projekt „3 im roten Kreis“, einem Trio mit Reiner Witzel und Christian Scheuber, das sich der Filmästhetik der 1960er Jahre widmet, mit Frederik Kösters Verwandlung – mit Sebastian Sternal und Jonas Burgwinkel, außerdem Norbert Steins Pata on the Cadillac, dem Clemens Orth Trio, dem Kontrabass-Ensemble Manderscheid/Gramss/Oetz/Landfermann, mit dem Trompeter Ryan Carniaux und vielen mehr. In seinem Projekt Perfektomat arbeitet er mit Laura Robles, Niels Klein, Simon Nabatov und Bodek Janke.
Oetz nahm bis heute 6 CDs unter eigenem Namen auf: Im Jahr 2000 erschien The Loonators mit Niels Klein, Nils Tegen und Christian Thomé. 2002 folgte Vieles ist Eins mit Barre Phillips, Greg Stuart und Andreas Wagner. 2004 erschien Permanent Flow, mit Greg Stuart und Andreas Wagner. In seinen Jahren in Lima veröffentlichte er 2006 Urbanico mit Laura Robles, Gonzalo Polar, Rafael Fusa Miranda, Abel Garcia, Diego Salvador, Alec Marambio und Juan Daniel Pastor sowie 2010, mit Unterstützung des Goethe Instituts Lima Independencia mit Pedro Mo, Miguel Idelfonso, Niels Klein, Nils Tegen, Laura Robles, Diego Salvador und Steve Cournane. 2014, zurück in Köln erschien Perfektomat mit Niels Klein, Simon Nabatov, Laura Robles, Bodek Janke und Johannes Lauer.
Außerdem arbeitete Joscha Oetz u.a. mit Michael Brecker, Dave Liebmann, Susana Baca, Don Byron, George Lewis, N‘dugu Chancler, Ronnie Burrage, Charles Curtis, Manongo Mujica, Gabriel Alegria, Hayden Chisholm, Jochen Rückert, Rajesh Meta, Steve Noble und Nils Wogram.
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